Thursday, March 22, 2007

Deutsche Bischöfe suchen Israel heim

Was denn sonst?
Der "Deutsche Verein vom Heiligen Lande" will nach eigenem Bekunden "deutschen Christen Glaubens- und Erfahrungsräume im Heiligen Land schaffen". Ende Februar organisierte der klerikale Klub einen kleinen spirituellen Kreuzzug: Die deutschen katholischen Bischöfe suchten Israel heim. Wenn schon keine Kreuzzugsheere mehr aufbrechen an die Stätten, wo unser lb. Herr Jesus wandelte, so machte sich nun zumindest die deutsche Bischofskonferenz komplett zur Pilgerfahrt auf. 27 Purpurträger wackelten auf den Spuren ihres Religionsgründers durch einen Staat, der seit seiner Gründung von seinen Nachbarn mit der Auslöschung bedroht wird. Sie palaverten am See Genezareth, spürten ihren Messias über die Wellen tapsen, ließen hie und da eine kleine Millionenspende zur Stärkung des christlichen Vorpostens zurück. Und absolvierten ihren Pflichtbesuch in Yad Vashem, der Holocaust-Gedenkstätte in Jerusalem, wo sich der Mainzer Bischof Karl Lehmann noch an die Brust klopfte und in diskreten Worten an den kirchlichen Antijudaismus erinnerte.
Stunden später wurde zurückgeschossen: Ramallah stand auf dem Programm, eine eingehende Besichtigung der Mauer, und man posierte für die Katholische Nachrichtenagentur im Caritas-Krankenhaus von Bethlehem mit einer Palästinenserin und ihrem behinderten Kind. Und schon kann der erste nicht mehr an sich halten: "Morgens in Yad Vashem die Fotos vom unmenschlichen Warschauer Ghetto, abends fahren wir ins Ghetto in Ramallah. Da geht einem doch der Deckel hoch." Es ist Gregor Maria Hanke, Ratzingers jüngste Entdeckung, eben erst zum Bischof von Eichstätt ernannt, dem da die Mitra hochgeht wie eine Kassam-Rakete. Joachim Meisner, der Kölner Kardinal, wird von anderen historischen Assoziationen übermannt: "So wie die Berliner Mauer überwunden worden ist, wird auch diese Mauer überwunden werden. Das hat keinen Bestand." Den Satz "Für mich ist das ein Albtraum, das macht man mit Tieren, nicht mit Menschen," will er später nicht gesagt haben, obwohl er von den Korrespondenten von "FAZ" und "SZ" überliefert ist. Nicht zurückstehen will der Augsburger Walter Mixa, der eine "ghettoartige Situation" und "fast schon Rassismus" erkennt.
In Deutschland fand man daran nichts auszusetzen. Erst als die israelische Zeitung "Jediot Achronot" von einem "scharfen antisemitischen Angriff" sprach, gab es in Deutschland vereinzelt kritische Kommentare. Doch die üblichen Verdächtigen blieben weitgehend unter sich: der israelische Botschafter Shimon Stein, sein Vorgänger Avi Primor, der Historiker Wolfgang Benz. Und die Antwort folgte auf dem Fuß: Die "Taz" sprach von "routinierter Empörung" und hielt dagegen: "Was hätte die Reisegruppe denn sonst sagen sollen angesichts der monströsen Mauer, die etwa die Stadt Bethlehem abriegelt". Ja, was sonst? Die Antwort hätte der Kommentator in der eigenen Zeitung finden können. Ein paar Seiten zuvor war Wolfgang Benz mit dem Hinweis zitiert worden: "Kaum jemand hätte im Tschetschenienkrieg Nazi-Vergleiche bemüht."
konkret-4-2007
Florian Sendtner

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