Monday, January 12, 2015

Wenn die SPD anständig sein will…

Altkanzler Schröder und Parteigenossen fordern jetzt gegen Pegida den “Aufstand der Anständigen”. Nach dem Vorbild aus dem Jahr 2000. Aber was geschah damals wirklich?
Das Thema ist durch die Großdemonstration in Paris nur vorübergehend in den Hintergrund gerückt, es wird bereits wieder aktuell: In der SPD mehren sich die Stimmen für einen „Aufstand der Anständigen“ – gegen Pegida. Altkanzler Gerhard Schröder war einer der ersten, der den Begriff noch vor Weihnachten ins Gespräch brachte. Und zwar nach dem Vorbild der Großdemonstration in Berlin im Jahr 2000, die ebenfalls unter diesem Motto lief.
Es geht mir jetzt nicht um das bizarre Phänomen, dass nur wenige Tage nach dem Massenmord in Paris eine Großkundgebung stattfinden soll, die sich weniger gegen diesen Massenmord richten dürfte, sondern konsequent Front machen wird gegen diejenigen, die ihre Angst vor solchen Taten artikulieren. Es geht mir um das, was im Jahr 2000 tatsächlich geschehen war.
Schröder marschierte damals an der Spitze der Demonstration am 11. November. 200.000 folgten ihm, um “gegen Ausländerfeinde und Rassisten” zu demonstrieren, worauf sich die Spruchbänder und Parolen bezogen. Anlass war ein Brandanschlag auf eine Düsseldorfer Synagoge am 2. Oktober. Rechtsradikale Strukturen dürften keine Chance haben, sagte Schröder auf der Demo.
Einen knappen Monat nach der Demonstration aber, im Dezember 2000, kam heraus: Der Anschlag war von einem gebürtigen Marokkaner und einem staatenlosen Palästinenser verübt worden. Paul Spiegel, damals Präsident des Zentralrats der Juden, sagte: “Erleichterung empfinde ich nicht.” Die Polizei fand in den Wohnungen der beiden Täter

Nazi-Symbole. Sie gestanden die Tat und erklärten sie zum Racheakt für die Erschießung eines palästinensischen Jungen im Gazastreifen. Spiegel fürchtete “eine Bündelung von Rechtsradikalismus in Deutschland und nahöstlichem Fanatismus”. In den Jahren davor und danach hatten mehrere Anschläge Rechtsradikaler auf Ausländer stattgefunden, von den NSU-Morden ahnte damals noch niemand etwas.
Es gab an der Synagoge eine Überwachungskamera. Doch sie durfte den Bürgersteig, von dem aus die beiden die Molotowcocktails geworfen hatten, aus Datenschutzgründen nicht erfassen. Das verlockt zu einem Gedankenspiel: Was wohl geschehen wäre, wenn mithilfe der Kamera die arabischstämmigen Täter bereits in den Folgetagen überführt worden wären? Hätte die Demonstration dann auch stattgefunden, aus Anlass des Anschlags auf die Synagoge? Mit Schröder? Und wenn ja: Welche Tonlage hätte dort geherrscht?
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