Monday, March 30, 2015

Araber gegen Iraner

Von Wolfgang G. Schwanitz 

Eines Tages ändere er das System, jeder werde seinen Namen kennen, sagte Suizidpilot Andreas Lubitz seiner Freundin Maria voraus. Da er in den französischen Alpen 150 Tote erzeugte, nur weil sein Traum vom Chefpiloten medizinisch verfehlte, obsiegte das Böse. Viel Blut wird aus kleinen Motiven mit modernen Zerstörungsmitteln vergossen. Sogar Zivilflugzeuge werden dazu Mittel. Wem kann man vertrauen? Überall müssen doppelte Sicherungen wirken. Und doch gibt es Kräfte, die im Elend gedeihen. Dies sehen wir in Mittelost. Niemand löschte vor vier Jahren den syrischen Kriegsbrand oder drängte Irans Hizballah zurück, die seither das Regime dort stützt. Heute brennt die ganze Weltregion.
Ohne Irans Expansionen wäre alles nicht so tief gesunken. Als 1979 der islamistische Umsturz in Teheran ablief, schrieben Ayatullah al-Khumainis Islamisten den Jihad und den Export der Islamistenrevolten als Staatsdoktrin auf ihre Fahnen. Jeder mag sein Buch "Der Islamische Staat" lesen, das 1983 in Ostberlin erschien. Darin steht, der Islam habe viele schädliche Stämme ausgerottet. Warum wurden die jüdischen Stämme wie Banu Quraiza beseitigt? Sie hätten Unruhe gestiftet, wollten die islamische Gesellschaft, die Interessen des Islams und des islamischen Staats verderben. Hier, wie so oft bei Islamisten, wird ein Fall aus dem historischen Kontext herausgenommen und als das Muster verallgemeinert.

Südarabien

Teheran gelingt es, durch die Hamas in Gaza, die al-Quds-Truppe in Iraks Tikrit und die schiitischen al-Huthi ab September in Jemen mitwirken. In den Ländern folgten Kriege wie vier gegen Israel aus Libanon und Gaza. Dies nutzt Sunni-Gruppen wie al-Qaida und dem "Islamstaat", die sich im Schatten des Wirrwarrs ausdehnen. Den Saudis reichte es am 26. März: sie bombardierten im Nachbarland die al-Huthi, die ein Drittel des Landes besetzten. Die Ziele bildeten einige Fliegerbasen und Abschussrampen für Scud-Raketen.
Die saudische Sunni-Allianz erklärte den durch Iran benutzten al-Huthi im Jemen Krieg, "bis sie sich zurückziehen und Waffen aufgeben", heißt auf dem Gipfel der Arabischen Liga am 29. März im ägyptischen Resort Sharm ash-Shaikh. Der Ligachef Nabil al-Arabi sprach vom "Coup der al-Huthi" und dass im Jemen wieder Legitimität einziehen möge. Jemens Expräsident Mansur al-Hadi klagte direkt Iran hinter den al-Huthi an. Aus Kairo kam Präsident as-Sisi. Seine Beamten schlugen eine arabische Streitmacht von 40.000 Soldaten mit Hauptquartier am Nil oder in der saudischen Metropole ar-Riyadh vor. Aber es würden nicht alle der 22 Liga-Staaten teilnehmen, wenn die Elitetruppe denn entsteht. In den sechs Dekaden der Araberliga kamen schon viele solcher Projekte auf und keines hat das Tageslicht erblickt. Freilich gab es auch noch nie so viele Kleinkriege wie heute.
In Algerien, Tunesien, Libyen, Sinai und Gaza sind Sunniten des "Islamstaats" aktiv wie punktuell deren Rivalen von der al-Qaida. Beide expandierten in Irak, Syrien und Jemen. Dies sind transregionale Islamisten. Ihre schiitischen Widerparte sind die Hizballah im Libanon, Regimetruppen in Syrien und die al-Huthi im Jemen. Daneben gibt es in den Golfländern latente Konflikte unter Sunniten und Schiiten, mal als Regenten, mal in der Opposition. Doch sind uralte Konfliktmuster zwischen Arabern und Iranern treibende Momente geworden. Sie sind ebenso die unter Schiiten und Sunniten sowie gegen Israel. Anfänglich ein Streit um den Nachfolger des Propheten, gedeiht dies zur Konfliktachse.

Sicherheitsrat

Der europäische Nachbar ist in den vorigen vier Jahren viel tiefer hineingezogen worden. Zum einen ergreifen die Gläubigen dort nicht nur Partei für diese oder jene Seite, sondern mobilisieren direkt und indirekt Kämpfer und Ideen für bestimmte Gruppen. Der Strom an Militanten aus Europa für den sunnitischen "Islamstaat" ist längst nicht versiegt, die über die Türkei oder durch Nordafrika in den Kriegsgebieten eingreifen. Zum anderen steigt die Zahl der Flüchtlinge aus den Brandzonen. In Deutschland sollen es eine halbe Millionen Menschen werden, die entsprechend in den Bundesländern versorgt werden. Es Realistisch betrachtet, sollten alle zunächst von ihrer dauerhaften Ansässigkeit ausgehen.
Gern würde ich auf strategisches oder konzeptionelles Denken aus Europa über die neue Liaison "Mittelosteuropa" oder "Euromittelost" verweisen. Aber wo ist es? Worauf warten Europäer, auf Amerika oder Politiker? Aus beiden Quellen wird wenig bis nichts folgen. Man denke nur was aus Berlin zu hören ist. Die Regierung führe eine Bürokratiebremse ein. Staatsminister Helge Braun, Koordinator der Bundesregierung für Bürokratieabbau, will eine breite Schneise in den Regelungsdschungel schlagen. Gut ist das Versprechen, keine Steuern zu erhöhen. Komisch ist der geltende Grundsatz, "Eins rein – Eins raus!". Ab 1. Juli 2015 trete diese neue "Bürokratiebremse" der Bundesregierung in Kraft. Wenn Eins reinkommt und Eins raus, bleibt dann nicht alles gleich? Oder sollte es nicht um den Bürokratieabbau gehen, statt nur zu bremsen, was sich der Natur her kaum stoppen lässt?
Berlin lässt durchgreifende Initiativen missen. Angela Merkel wiederholte in Japan am 9. März ihre Fehlanalyse, von Afghanistan gehe heute keine internationale terroristische Bedrohung mehr ausgehe. Wie schon oft sprach die Kanzlerin es an, dass Reformen des Sicherheitsrats geboten wären, so dass Weltregionen in der UN beteiligt sind. Wo bleibt ihre Hauptinitiative, die Ägypten, Japan, Deutschland, Brasilien und Indien einbezieht? Alle warteten stets auf Amerika. Aber wenn dort zufällig eine versagende Administration wirkt, zerfallen die Welt und ihre Regionen in viele Kriege. Dies muss endlich aufhören.

Armageddon

Amerikas Administration macht einen Spagat. Fragwürdig hilft sie Iran im irakischen Tikrit und polemisiert gegen Israel im Atomstreit. Heute oder morgen mag Präsident Obama ein Rahmenabkommen für den Nuklearpakt mit Teheran verkünden, das sich aggressiv bewegt und dessen Führer "Tod für Amerika" ruft. Ein finaler Pakt käme dann bis Ende Juni. Zeit, den Text und Irans Verhalten zu prüfen. Im Zwist von Arabern gegen Iranern ergreift Präsident Obama die falsche Seite. Laut Senator Lindsey Graham starte ein Krieg Sunniten-Schiiten und man verhandele noch mit Iran als sei nichts passiert. Nordkorea zeige, was "Kontrolle" bedeute. Araber verwerfen den Pakt und schaffen ihre eigene Atombombe. Alle Welt sei dann über Mittelost auf dem Weg nach Armageddon.
Nicht alle Bäume des Weißen Hauses wachsen in den Himmel. Haussprecher John Boehner weilt zu selben Zeit in Israel, "um die Beziehung zu reparieren". Zu Benjamin Netanjahus Kongressrede erklärte er, in den letzten 25 Jahren nicht so klare Worte über Bedrohungen gehört zu haben, denen Amerika ausgesetzt ist. Er zweifelt am Abkommen mit Teherans Gruppe, die gar nicht beabsichtige, ihr Wort zu halten. Premier Netanjahu nannte den Paktentwurf am 29. März vor dem Kabinett "schlimmer als befürchtet."
 gatestoneinstitute

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