Tuesday, March 03, 2015

Europa ohne Juden?

Von Guy Millière
Obwohl viele Muslime, die nach Europa kamen, dies taten, weil sie hier bessere Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entfaltung vorfanden, werden sie oft als Opfer von Rassismus und Unterdrückung dargestellt. Wenn jemand ein Opfer von Rassismus und Unterdrückung ist, so der Gedanke, wie kann er dann selbst ein Rassist sein?
Die Palästinenser wiederholen beinahe täglich, dass sie die Israelis töten wollen, während die Israelis sagen, dass sie Frieden möchten. Darauf folgen für gewöhnlich harte, politisch motivierte Verurteilungen Israels vonseiten Europas, die im Gewand der Menschenrechte daherkommen.
Trotz des immer barbarischeren Zustands der Welt und einem offen genozidalen Iran – der bald atomar bewaffnet sein wird, falls er es nicht schon ist –, richten die Europäer ihre Anschuldigungen, ihren Hass und ihre Dämonisierungen immer noch mit Vorliebe gegen die politischen Führer Israels.
Terrorangriffe werden von Journalisten und politischen Führern verurteilt, aber diese Verurteilungen klingen scheinheilig und fadenscheinig – sie verurteilen den "Antisemitismus", zu dem sie selbst ermuntert haben.
Im heutigen Europa kommen viele der Schmähungen Israels von muslimischer Seite, und wenn ein Politiker oder Journalist dem nicht zustimmt, muss er wohl ein Rassist sein.
Derzeit gibt es 44 Millionen Muslime in Europa.
In Europa ist es mittlerweile schwierig geworden, das Andenken an Auschwitz zu beschwören; morgen schon könnte es unmöglich sein.
Am 27. Januar wurde die Zeremonie zum 70. Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz veranstaltet – und war wahrscheinlich die letzte dieser Art. Die Nazis wollten ein Europa ohne Juden. Sie töteten sechs Millionen, aber ihr Ziel erreichten sie nicht.
Dreihundert Überlebende waren eingeladen; alle waren über achtzig Jahre alt. Es wird bald keine unmittelbaren Zeitzeugen mehr geben, wenn auch gefilmte Aussagen bleiben.
Während die politischen Führer Europas über Auschwitz mit der feierlichen Formel "Nie wieder" sprechen, wird diese mehr und mehr bedeutungslos. Umfragen zeigen, dass eine wachsende Zahl von Menschen in den meisten Ländern Europas, darunter Deutschland, einen Schlussstrich ziehen und den Holocaust vergessen will; es ist ein Wunsch nach Vergessen, den sie nicht hegen, wenn es, sagen wir: um die Kreuzigung Jesu Christi geht.
Immer häufiger, wenn in großen europäischen Zeitschriften Artikel über den Holocaust veröffentlicht werden, schreiben Leute im Internet Kommentare, in denen sie zum Ausdruck bringen, dass der Holocaust bloß ein Genozid unter anderen gewesen sei, und dass es keinen Grund dafür gebe, sich just auf diesen zu kaprizieren.
Wenn von anderen Völkermorden die Rede ist, rückt rasch das Schicksal der Palästinenser in den Mittelpunkt, obwohl diese fast täglich sagen, dass sie die Israelis töten möchten, während die Israelis sagen, dass sie Frieden wollen. Niemals haben die Israelis gesagt, sie wollten die Palästinenser töten.
Es folgen für gewöhnlich harsche, politisch motivierte Verurteilungen Israels vonseiten Europas, die im Gewand der Menschenrechte daherkommen.
Trotz der monströsen Verbrechen, die der Islamische Staat, Boko Haram und der Iran verüben; trotz der 200.000 Toten in Syrien; und trotz der Massaker an Christen und Jesiden im Irak bleibt, so scheint es, für europäische Journalisten der jüdische Staat das bevorzugte Angriffsziel.
Wo sonst im Nahen Osten, außer in Israel, kann ein Journalist ein bequemes Leben führen, eine Story schreiben, die dem folgt, was der Redakteur hören will, gegen Mittag an den Strand gehen, und am Abend mit der Familie essen? Prügelt er genug auf Israel ein, kommt sein Artikel vielleicht sogar auf die Titelseite und er erhält einen Preis für mutigen Journalismus. In den internationalen Medien werden israelische Juden darum oft verleumderisch als Kriminelle beschrieben, die nichts anderes täten, als anderen Völkern dasselbe anzutun, was sie selbst vor 70 Jahren erlitten haben.
Trotz des immer barbarischeren Zustands der Welt, mit einem offen genozidalen Iran – der bald atomar bewaffnet sein wird, falls er es nicht schon ist – mit abstoßender Brutalität von Diktatoren wie Bashar al-Assad, dem Obersten Führer Ali Khamenei, Kim Jong-un und Abu Bakr al-Baghdadi bleiben die israelischen Führer diejenigen, welche anzuklagen, zu hassen und zu dämonisieren vielen Europäern das größte Vergnügen bereitet.
Der Wunsch, die Vergangenheit zu vergessen, israelischen Juden erniedrigende Vorwürfe entgegenzuschleudern, den jüdischen Staat zu schmähen und die israelische Führung zu dämonisieren, zeigt die wachsende Feindseligkeit gegenüber Juden und ermuntert zu neuer antijüdischer Gewalt auf europäischem Boden.
Anti-israelische Demonstrationen sind oft durchsetzt mit expliziten Slogans gegen Juden. Diese Demonstrationen führen dann zu Randale und physischen Angriffen auf Synagogen und Juden.
Diese Angriffe werden von Journalisten und Politikern zwar verurteilt, aber diese Verurteilungen klingen immer scheinheilig und hohl – sie verurteilen den "Antisemitismus", zu dem sie selbst ermuntert haben. Die meisten europäischen Journalisten und politischen Führer behaupten, sie würden gegen Antisemitismus kämpfen. Die meisten tun es nicht. [1] So gut wie nie sprechen sie die harschen Worte an, die benutzt werden, wenn von Israel, israelischen Juden oder Politikern die Rede ist. Sie sprechen und handeln, als hätten diese Worte keine Folgen. Ihre Verurteilungen klingen deshalb immer unaufrichtig, reklamehaft.
Der lang andauernde, hartnäckige europäische Hass auf die Juden, der zu Auschwitz geführt hat, war ein Verbrechen, das so abscheulich war, dass sich die Europäer für einige Jahrzehnte in Grund und Boden schämten. Seither arbeiten sie unablässig daran, sich dieser Bürde zu entledigen.
Einer dieser Versuche, das Leugnen des Holocaust, sorgte eine Zeitlang für Empörung und Abscheu. Versuche, den Holocaust zu trivialisieren, bestehen fort. Der wachsende Wunsch vieler Europäer, diese Ereignisse zu vergessen, könnte ihnen Erfolg bescheren.
Ein anderer Versuch ist die Schmähung Israels. Wenn man Israel als verleumderisch anklagt; wenn man ihm vorwirft, ein verbrecherischer Staat zu sein; wenn man israelische Juden für untragbar hält; wenn man israelischen Führern finstere Pläne unterstellt – dann können die Europäer sich selbst als weniger verbrecherisch betrachten und sich gestatten, sich weniger schuldig zu fühlen. [2]
Das Schmähen Israels ist in Europa auch deshalb so effektiv, weil es – obwohl es von beiden politischen Extremen kommt – vor allem in der "Linken" verbreitet ist. [3]
Die Linke stellt sich selbst als "antifaschistisch" dar, und jeder, der nicht mit ihrer Weltsicht übereinstimmt, muss folglich ein Faschist sein.
Sie zeichnen die palästinensischen Araber als Opfer, die sie ja auch sind – aber nicht wegen Israel. Israel herrscht heute über keine Palästinenser mehr, nur über [israelische] Araber. Israel hat im Jahr 2005 alle Juden gewaltsam aus dem Gazastreifen entfernt, es könnte also für die Palästinenser ein "Singapur des Mittelmeers" sein. Die Israelis hinterließen den Palästinensern Gewächshäuser in perfektem Zustand, diese hätten also eine solide Wirtschaft aufbauen können. Innerhalb von Stunden zerstörten die Palästinenser die Gewächshäuser. Die Hamas warf Fatah-Mitglieder von Hausdächern, bis die Fatah davonlief. Die Hamas beherrscht Gaza jetzt in einer Einheitsregierung mit der Palästinensischen Autonomiebehörde von Mahmoud Abbas. Wer Abbas' Fatah unterstützt, unterstützt die Hamas.
Doch viele Europäer lassen sich von Tatsachen nicht beeindrucken – selbst jetzt, wo sie sich denselben Terrorangriffen gegenübersehen, denen Israel seit Jahren ausgesetzt ist. Es macht nichts, dass die Palästinenser geheime Todestunnel für Überraschungsangriffe gebaut haben, bei denen sie jüdische Zivilisten entführen oder ermorden wollten. Halb so wild, dass die Palästinenser ohne Unterlass nach dem Tod, nicht nur von Israelis, sondern von Juden rufen. Wen interessiert es, dass die Palästinenser jeden Teilungsplan, jedes Angebot von Land oder Frieden zurückgewiesen haben, selbst dann, wenn ihnen 98 Prozent dessen angeboten wurde, was sie seit 1947 gefordert haben. Viele Europäer stellen israelische Juden trotzdem als faschistische Folterknechte dar, die in einigen Fällen mit Nazis vergleichbar seien. [4]
Das Schmähen Israels ist in Europa auch deshalb heute so effektiv, weil eine Bevölkerungsverschiebung stattgefunden hat. Millionen von muslimischen Einwanderern sind hergekommen. Jetzt sind sie europäische Bürger. Obwohl viele Muslime, die nach Europa kamen, dies taten, weil sie hier bessere Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entfaltung vorfanden, werden sie oft als Opfer von Rassismus und Unterdrückung dargestellt. Wenn jemand ein Opfer von Rassismus und Unterdrückung ist, so der Gedanke, wie kann er dann selbst ein Rassist sein?
Viele Muslime werden von der Kindheit an dazu indoktriniert, Israel, die Juden und den Westen zu hassen. [5] Diese Weltsicht wird gestützt von genozidalen islamischen Texten; von den palästinensischen Medien, sei es Hamas oder Fatah; von den internationalen Medien, die nur solche Artikel akzeptieren, die einen anti-israelischen Blickwinkel haben; und von aus Europa finanzierten NGOs, die vorgeben, "Menschenrechte" zu verteidigen, aber in Wahrheit nur einer politischen Agenda verpflichtet sind: der Zerstörung Israels.
Europäische Regierungen und die EU geben jedes Jahr Hunderte von Millionen Euro – Transparenz und Rechenschaft werden rigoros unter den Teppich gekehrt – für die politische Agenda aus, Israel politisch und ökonomisch in die Knie zu zwingen. Diese internationale Agenda wird angestachelt von der Organisation für islamische Zusammenarbeit (OIC), die aus 56 Staaten plus "Palästina" besteht, und die den größten Stimmenblock in den hochgradig korrupten Vereinten Nationen ausmacht.
Im heutigen Europa kommen viele der Schmähungen Israels von muslimischer Seite, und wenn ein Politiker oder Journalist dem nicht zustimmt, muss er wohl ein Rassist sein.
Der Hass auf Israel durchdringt so sehr die europäische Atmosphäre, dass es beinahe keinen Journalisten oder Spitzenpolitiker gibt – mit der Ausnahme von einigen wenigen Mutigen, die sofort harsch bestraft werden –, der sich dem in einer Weise entgegenstellt, die tatsächlich Folgen haben könnte.
Noch vor einigen Jahren gab es in Europa zwar gewaltsame Angriffe auf Juden, aber kaum Morde. Das änderte sich 2006, als eine Gang in Paris den jungen Juden Ilan Halimi entführte, drei Wochen lang folterte und schließlich ermordete. 2012 wollte der Mann, der die jüdische Schule in Toulouse angriff, ebenfalls Juden töten – und tat es. Der Mann, der 2014 das Jüdische Museum in Brüssel angriff, wollte Juden töten – und tat es. Der Mann, der in Paris am 9. Januar den koscheren Supermarkt betrat, wollte Juden töten – und tat es. Der Mann, der am 14. Februar in Kopenhagen die Synagoge angriff, wollte Juden töten; vielleicht zu seiner Enttäuschung tötete er nur einen.
Als Reaktion auf die Angriffe haben 1.000 Muslime in Norwegen, die dafür allerhöchstes Lob verdienen, aus Solidarität mit den Juden einen "Ring des Friedens" um die Hauptsynagoge Oslos gebildet. "Wir wollen nicht, dass einzelne definieren, was der Islam für uns alle bedeutet", sagte Zeeshan Abdullah, einer der Organisatoren der Demonstration. Trotzdem wird es in Europa weitere Angriffe geben.
Die europäische Bevölkerung bleibt passiv und untätig. In Paris reagierte sie am 11. Januar mehr um der berühmten Karikaturisten willen, die zwei Tage zuvor getötet worden waren, als wegen des Angriffs auf den koscheren Supermarkt. Wären nur Juden getötet worden, hätte es wohl überhaupt keine massenhafte Reaktion gegeben. Keine Massen waren nach den Morden von Toulouse oder Brüssel auf die Straße gegangen. Nach den Morden von Kopenhagen – und schon vor dem Ring der Muslime – gab es dort zwar eine kleinere öffentliche Kundgebung, aber wohl vor allem deshalb, weil der Mörder auch ein Treffen für Redefreiheit angegriffen hatte.
Die Führer der Welt Arm in Arm bei der Anti-Terror-Demo in Paris, 11. Januar 2015. Wären lediglich Juden getötet worden, hätte es wahrscheinlich überhaupt keine Demonstration gegeben, schreibt Guy Millière. (Foto: Screenshot RT)
Israelische Führer haben die Situation richtig gedeutet; sie haben seit Jahren die wachsende anti-israelische Stimmung in Europa verurteilt und exakt vorhergesagt, welche gewaltsamen Folgen sie haben würde.
Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat wiederholt gesagt, dass es heutzutage wenigstens einen jüdischen Staat gibt, wo Juden frei leben können.
Mehr als 60.000 Juden haben Europa im vergangenen Jahrzehnt verlassen, und weitere Tausende tun es derzeit.
Während es 1939 9,8 Millionen Juden in Europa gab, sind es heute noch 1,4 Millionen: 0.2% der Bevölkerung.
Heute gibt es 44 Millionen Muslime in Europa. Die Zahl der Radikalisierten steigt, und hoch ist die Zahl derer, die Israel und die Juden hassen.
Siebzig Jahre nach Auschwitz scheint ein Europa ohne Juden möglich geworden zu sein.

[1] Manfred Gerstenfeld, Demonizing Israel and the Jews, RVP Publishers, 2013.
[2] Gabriel Schoenfeld, The Return of Anti-Semitism, Encounter Books, 2005
[3] Robert Wistrich, From Ambivalence to Betrayal: The Left, the Jews, and Israel, University of Nebraska Press, 2012.
[4] Robert Wistrich, op.cit.
[5] Christopher Caldwell, Reflections on the Revolution In Europe: Immigration, Islam and the West, Anchor Books, 2010.
 gatestoneinstitute

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