Sunday, May 03, 2015

NRW: Literatur unter Polizeischutz

Mit Reaktionen habe sie gerechnet, sagte Kader Konuk in einem Gespräch mit der "WAZ". Doch dass die Vorlesung der Professorin für Turkistik an der Universität Essen-Duisburg von zwei Männern gestört wurde, darüber war sie mehr als beunruhigt. Auslöser für die Provokation war die Ankündigung Konuks, in diesem Semester die Lehrveranstaltung "Transnationale Literatur: Die armenische Diaspora in der Weltliteratur" anzubieten. Dass ein solches Seminar auch den Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich streifen würde, war möglicherweise der Auslöser für den Krawall der beiden Männer. Denn bis heute ist der Mord an wahrscheinlich 1,5 Millionen Armeniern, der vor hundert Jahren am 24. April 1915 mit der Deportation der armenischen Elite aus Konstantinopel begann, ein Tabu-Thema der türkischen Regierung. Das hat vor wenigen Tagen auch die scharfe Reaktion des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan auf die Einordnung des Armenien-Massakers als "Völkermord" von Bundespräsident Gauck und Frankreichs Präsident Hollande gezeigt.
Die Stör-Aktionen seien nicht von Studenten betrieben worden, sagte Konuk, die seit diesem Semester in Essen unterrichtet. Sie habe die Männer aufgefordert, den Raum zu verlassen. Das hätten diese auch getan. Falls nicht, hätte sie die Polizei eingeschaltet.
Doch mit dem Abzug der Männer wurde die Situation nur für kurze Zeit entschärft. In den sozialen Medien wie Facebook und Twitter werden immer wieder Drohungen gegen die Literaturwissenschaftlerin ausgesprochen. Das hat zur Folge, dass Kader Konuk nur noch mit Schutz ihre Studenten unterrichten kann.

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