Friday, February 26, 2016

Fürstenfeldbruck, Wellheim, Beilngries, Eichstätt - Ein Problem wird verlagert

Die Sakristei (sacer = lat. heilig) ist der Ort neben dem Altarraum der Kirche. Ein 21-jähriger Asylbewerber aus Nigeria steht im Verdacht, am Samstag, 19. Dezember, um 10.30 Uhr eine Mitarbeiterin der Pfarrei St. Andreas im oberbayerischen Wellheim (Landkreis Eichstätt) in der Sakristei überfallen zu haben. Die Kirchenmitarbeiterin hatte lediglich Glück gehabt, dass durch ihre Hilferufe ein Zeuge auf die Situation aufmerksam geworden war und zu Hilfe eilte, so dass der Täter Reißaus nahm. Pfarrer und Bürgermeister sprechen von versuchter Vergewaltigung, im Polizeibericht vom Mittwoch, 24. Februar, liest sich das deutlich harmloser.
„Mit heruntergelassener Hose sexuell bedrängt“ worden sei die Frau, heißt es da lediglich. Immerhin reichte das nun - mehr als zwei Monaten nach der Tat - zu einer Festnahme. „Die Kriminalpolizei Ingolstadt konnte einen 21-jährigen Tatverdächtigen ermitteln, der im Verdacht steht, sowohl für einen sexuellen Übergriff in der Wellheimer Pfarrkirche als auch für sexuelle Belästigungen einer Mitarbeiterin eines Altenheims in Eichstätt verantwortlich zu sein“, teilt das Polizeipräsidium Oberbayern Nord in einer Pressemitteilung mit. Gegen den Mann wurde Haftbefehl erlassen.
Dass so viel Zeit verstrichen ist, begründet die Polizei damit, dass die Geschädigte aus Wellheim den Fall nicht angezeigt hatte. In Gang kamen die Ermittlungen erst durch Zeitungsberichte und entsprechende Anfragen der Journalisten, ob der Polizei der Fall der versuchten Vergewaltigung in der Kirche angezeigt worden war. Den Vorfall hatte der Pfarrer erwähnt, der unter Druck geraten war, weil er in einem sozialen Netzwerk zwei Beiträge, die ursprünglich von einer als rechtsextremistisch eingestuften Quellen stammten, mit dem Haken „Gefällt mir“ versehen hatte. Für diesen Fehler hatte umgehend Besuch vom Verfassungsschutz bekommen. Bis die Polizei „von Amts wegen die Ermittlungen zu diesem Sexualdelikt“ aufnahm, brauchte es allerdings mehrere Zeitungsartikel und Presseanfragen. Weil keine Anzeige vorlag, wie Pressesprecher Hans-Peter Kammerer auf Nachfrage erklärte.
Sehr wohl angezeigt hatten allerdings zwei Mitarbeiterinnen der Gemeindeverwaltung Wellheim denselben Mann wegen sexueller Belästigung, ebenfalls bereits im Dezember. „Am Tag darauf wurde er vom Landratsamt aus Wellheim wegverlegt“, berichtet Bürgermeister Robert Husterer. Dabei habe es sich keineswegs nur um verbale Belästigung gehandelt. Der Nigerianer war mehrfach unmissverständlich aufgefordert worden „Don't touch the ladies“. Was ihn aber nicht von Tätlichkeiten abhielt. „Ansonsten verstand er aber sehr gut Englisch“, sagt Husterer. Die Polizei muss allerdings erst noch überprüfen, „ob es sich auch hier um ein strafrechtlich relevantes Delikt handelt“, so die Polizeimeldung. Nach der Anzeige hatte es Husterer und seinen Mitarbeiterinnen gegenüber geheißen, die Staatsanwaltschaft werde ermitteln und sich dann wieder bei den Betroffenen melden.
Nur wenige Tage, nachdem der Tatverdächtige in die nahegelegene Kreisstadt Eichstätt verlegt worden war, am 30. Dezember, belästigte er dort eine Altenheimmitarbeiterin. Davon ist dem Eichstätter Landratsamt, das für die Verlegung zuständig ist, zunächst nichts bekannt geworden, erklärt Pressesprecher Manfred Schmidmeier. Bereits am 23. Dezember war der Nigerianer von Wellheim nach Beilngries verlegt worden. „Nachdem es dort wieder zu Unruhen kam, haben wir ihn am 28. Dezember nach Eichstätt verlegt“, fährt Schmidmeier fort, denn dort, in der ehemaligen Erstunterkunft mit Platz für 100 Personen, „haben wir den besten Zugriff“. Seitdem war ihm nichts mehr bekanntgeworden. Diese Unterkunft sei auf jeden Fall Endstation, weitere Optionen gäbe es nicht. „Dann ist das eben so“, antwortet er auf die Frage, welche Optionen das Landratsamt bei weiteren „Unruhen“ durch solche notorischen Täter habe.
„Wir waren natürlich erst einmal erleichtert, dass er verlegt wurde und es bei uns wieder ruhig war“, sagt Bürgermeister Husterer, der es zugleich sehr bedauert, dass es gleich darauf den nächsten Vorfall am neuen Aufenthaltsort gegeben hat. „Das Problem wurde nur verlagert“, räumt er ein. Er persönlich würde sich für solche Wiederholungstäter wünschen, dass sie schneller abgeschoben werden. Hinzu kommt im Fall des Nigerianers, dass die Bleibeperspektiven ohnehin gering sind. „Wir leben in einer freiheitlichen Demokratie – keine Frau bei uns muss sich anfassen lassen“, findet Husterer, „wenn ich mir so etwas erlauben würde, wäre ich weg als Bürgermeister“. Er fordert Gleichbehandlung der Migranten mit den Einheimischen. Von Zuwanderern müsse erwartet werden, dass sie sich an unsere Regeln hielten, ganz besonders in ihrem Verhalten Frauen gegenüber.
Der Beschuldigte, der sich nun in Untersuchungshaft befindet, war zuvor bereits im Raum Fürstenfeldbruck „wegen Beleidigung auf sexueller Basis und Hausfriedensbruch in einer dortigen Asylbewerberunterkunft in Erscheinung getreten“, teilte Polizeisprecher Kammerer mit.
Soweit die Fakten. Es bleiben einige Fragen.
Köln, so scheint es, ist überall.
Frauen zeigen sexuelle Übergriffe verzögert an, die Polizei hat es nicht eilig zu ermitteln, und noch weniger eilig, Straftaten in ihren Polizeimeldungen zu veröffentlichen. Fragen wirft auch das Vorgehen des Landratsamtes auf. Warum wird ein Mann, der mehrfach Frauen (vor Zeugen!) belästigt hat, einfach nur weitergeschoben? Und auch, als er dort wieder auffällig wird, passiert nichts?! Jedenfalls zwei Monate lang.
Ohne den Fauxpas des Pfarrers wäre dieser Serientäter wohl noch auf freiem Fuß und würde weiter Frauen belästigen – bis eines Tages eben niemand mehr helfend eingreifen und er sein Werk vollenden kann. Wird der Rechtsstaat nun durchgreifen? Zweifel sind angebracht. Vollmundig haben Politiker aller Couleur nach den Vorfällen in der Kölner Silvesternacht Abschiebungen für Straftäter versprochen. Ein Vergewaltigungsversuch in einer Sakristei ist eine neue Dimension - wie die Vorgänge in Köln. Wo bleibt der Aufschrei der sonst so schnell empörten Mainstream-Vertreter, die sofort da sind, wenn irgendwo ein rechtsradikaler Hintergrund vermutet wird?
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